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  Ein Bericht von Hans-Jürgen Müller und Alexander Deeg
 
 
  Fotogalerie Jerusalem
  Auf ihrer letzten Delegiertenkonferenz hat die Konferenz Landeskirchlicher 
  Arbeitskreise Christen und Juden (KLAK) im Bereich der EKD beschlossen, ihr 
  jährliches Zusammentreffen im Januar 2004 statt in Berlin in Jerusalem 
  stattfinden zu lassen. Motiv für die Entscheidung war, der Bevölkerung in 
  Israel und in Palästina Solidarität in einer Situation zu erweisen, in der die 
  üblichen Touristenströme ausbleiben. Es ging und geht uns darum, den 
  vielfachen Lippenbekenntnissen der kirchlichen Erklärungen Taten folgen zu 
  lassen. Trotz der Tatsache, dass die Delegierten die Mehrkosten aus eigener 
  Tasche bezahlen mussten, waren in Jerusalem nahezu alle landeskirchlichen 
  Arbeitskreise vertreten, 36 Einzelpersonen aus 18 Landeskirchen.
  Ein Ergebnis oder eine Bestätigung unserer Einschätzung der Lage in Israel 
  sei hier vorweggenommen: Reisen nach Israel sind möglich, wünschenswert, 
  verantwortbar und in jedem Falle eine große Bereicherung für die eigene 
  religiöse Identität und die politische Beurteilung des Konfliktes zwischen 
  Israel und den Palästinensern. Wer Israel besucht, dort mit Menschen 
  zusammentrifft und die Augen offen hält, wird sehen und erleben, dass das 
  durch die Medien vermittelte Bild von Israel als hochexplosives Krisengebiet 
  zumindest überzogen ist.
  Projekte und Experimente - eine andere Wahrnehmung der Situation in Israel 
  und Palästina
  Gespräche mit Menschen in dem Land haben uns deutlich gemacht, wie 
  unterschiedlich wir von Europa aus den Konflikt zwischen Israelis und 
  Palästinensern im Vergleich zur Wahrnehmung durch die Israelis selbst 
  sehen. Durch unsere Medien erscheint Israel als der martialisch gerüstete, 
  Gewalt provozierende Goliath, die Palästinenser hingegen als der schwache, 
  der Willkür ausgelieferte David. In Israel werden die Konfliktparteien in 
  umgekehrter Weise wahrgenommen: Israelis sehen sich mit ihrem kleinen 
  Landstrich entlang des Mittelmeeres eher in der Rolle des David, bedroht von 
  großen arabischen Ländern, die in der Regel keine demokratischen 
  Strukturen kennen und zum Teil Gewalt gegen Israel offen oder versteckt 
  unterstützen. Als großes Problem wird ebenso gesehen, dass auf 
  palästinensischer Seite nur unzureichend zuverlässige Gesprächspartner zur 
  Verfügung stehen. Während unseres Aufenthaltes konnten wir dies sehr 
  direkt erleben. Das Attentat auf den Stadtbus in Jerusalem am 
  Donnerstagmorgen verübte ein Polizist der palästinensischen 
  Autonomiebehörde.
  Erfrischend und für manche Debatte in Deutschland/Europa wegweisend, 
  waren sehr klare Worte des Länderbeauftragten der Konrad-Adenauer-
  Stiftung, Dr. Johannes Gerster: Wer meint, er/sie müsse herumsuchen, wer 
  an dem Konflikt Schuld habe, mit dem brauche man nicht weiter diskutieren. 
  Solche Gespräche sind unfruchtbar und bringen für eine Lösung des Konflikts 
  gar nichts. Statt auf die Frage nach Schuld oder danach, wer Recht habe, zu 
  schauen, sei es wichtig den Blick auf das zu richten, was an positiven 
  Ansätzen da sei, z. B. darauf, dass untergeordnete Delegationen von 
  israelischer und palästinensischer Seite ihre Konsultationen auch während 
  der Intifada II fortgeführt haben, oder auf Projekte wirtschaftlicher 
  Zusammenarbeit, z.B. auf ein Projekt der Getränkeindustrie: In Gaza wird 
  der Inhalt produziert und in Flaschen gefüllt, die aus Israel geliefert werden, 
  anschließend geht das fertige Produkt wieder nach Israel. Auf diesen Ebenen 
  wird beiden deutlich, dass es eine Zukunft nur mit dem anderen gibt. An 
  diesen Punkten Einfluss zu nehmen, Hilfestellungen zu geben, darin sieht Dr. 
  Gerster eine Aufgabe seiner Tätigkeit in Israel.
  Ganz ähnlich, aber von einer theologisch-philosophischen Sicht her, drückt 
  das Pfarrer Jadallah Shehade aus, wenn er sagt: "Das Glück des einen Volkes 
  hängt vom Glück des anderen Volkes ab." In unserem Programm stand 
  selbstverständlich eine Begegnung mit Christen in den besetzten Gebieten, 
  eben bei Jadallah Shehade in Beit Jala. Der Tag (Donnerstag, 29.1.) stand 
  unter dem Zeichen des Attentats auf den Stadtbus und der Trauer über die 
  inzwischen 11 Toten und fast 50 verletzten Menschen. Wir spürten sogleich 
  die Auswirkungen des Attentats. Etwa eine dreiviertel Stunde nach dem 
  Attentat konnten wir mit unserem Bus den Checkpoint auf der Straße von 
  Jerusalem nach Bethlehem nicht mehr passieren. Die Ortskundigen unter uns 
  konnten die Gruppe über die vom Berliner Missionswerk unterhaltene Schule 
  Talitha Kumi dann doch noch nach Beit Jala führen. So sehr hier der Terror 
  einerseits, die militärische Besatzung andererseits präsent wurden, so 
  wichtig war dann auch erstens die nun fertige Abrahams - Herberge zu sehen 
  und zweitens von der Arbeit des Arab Educational Institute (AEI-Bethlehem) 
  zu hören. Wiederum rückte nicht die Klage über die nun schon 
  langanhaltende schwierige und angespannte Situation in den Mittelpunkt, 
  sondern das, was an zukunftsweisenden positiven Ansätzen von der 
  Gemeinde angesichts des Konflikts getan wird. Pfarrer Shehade erzählte von 
  seiner Arbeit mit Jugendlichen, wie die Gemeinde versucht, christliche und 
  muslimische Jugendliche von der Straße zu holen. So fand ein Musik-
  Workshop 2003 statt, in dem christliche und muslimische Jugendliche eine 
  Woche lang zusammen waren und gemeinsam Musik machten. Am Ende 
  dieser Woche wurde ein Gottesdienst gefeiert, in dem die Jugendlichen 
  vorstellen konnten, was sie unter der Woche getan haben. Sie schmückten 
  sich mit einem Palmzweig (es war Palmsonntag), einer der muslimischen 
  Jugendlichen steckte sich auch solch einen Palmzweig an und meinte, dass er 
  eben ein ‚christlicher Muslim' sei. Jadallah Shehade betonte, dass es nicht 
  darum ginge, aus Muslimen Christen zu machen, dass dieser Ausdruck des 
  Muslim aber ein Zeichen für gelingende Integration sei, die Unterschiede 
  nicht wegwische, aber durchaus das Gefühl der Einheit für gemeinsame 
  Aufgaben stärke. Abrahams - Herberge soll zukünftig der Ort sein, wo 
  derartige Begegnungen stattfinden können, möglichst mit jüdischer 
  Beteiligung. Letzteres ist allerdings zur Zeit eher Wunsch als Realität. Die 
  Delegation des Arab Educational Institute stellte uns die Geschichte des 
  Instituts vor, dessen Ziele und ein Projekt, das in Kontakt mit israelischen 
  Schulen entwickelt wurde. Das Projekt sowie die gesamte Arbeit des Instituts 
  ziele auf Friedenserziehung. Für das Projekt mit dem Titel ‚Gemeinsam im 
  Heiligen Land leben unter Anerkennung der Differenzen' wurden drei 
  Unterrichtseinheiten entwickelt: eine zu den drei abrahamitischen Religionen, 
  eine zu dem Thema Barmherzigkeit und Gerechtigkeit in den drei Religionen, 
  eine zur Bedeutung des Landes in den drei Religionen. Wieder ein Beispiel - 
  hier nun von palästinensischer Seite - für den Versuch, ein gedeihliches 
  Zusammenleben anzustreben und dafür auch konkret etwas zu tun. Dies 
  immer wieder wahrzunehmen, davon zu erzählen, bleibt Aufgabe, auch wenn 
  wir bei unserer Rückkehr von der anderen Realität des Konflikts eingeholt 
  wurden. Wir mussten Beit Jala überstürzt verlassen, weil bekannt wurde, 
  dass der Attentäter aus Bethlehem, in unmittelbarer Nähe zu Beit Jala 
  gekommen sei. Eine daher zu erwartende Ausgangssperre hätte uns unseren 
  Rückweg schwierig gemacht.
  Wie unterschiedlich weite Teile der israelischen Bevölkerung einerseits und 
  Europäer (zumindest im Hauptstrom der Meinungen) andererseits denken 
  und fühlen, das konnten wir par excellence bei einer Besichtigung der Mauer, 
  des Zaunes oder Trennwalles, wie immer das Gebilde benannt werden soll, 
  erleben. Auf Wunsch einiger aus der Gruppe fuhr unser (israelischer) Bus 
  dorthin bzw. korrekter: machten sich Busfahrer und Reiseleiterin auf die 
  Suche nach der Mauer. Als wir sie bei Abu Dis erreichten, stiegen wir aus und 
  unter unserer Gruppe entbrannte eine emotional so heftige Diskussion über 
  den politischen Sinn der gewiss 8-10m hohen Mauer, dass die Reiseleiterin 
  uns schnell wieder in den Bus beorderte. Im Bus machte sie deutlich, warum 
  viele, auch links-stehende Israelis, für den Bau der Mauer sind. Nach dem 
  Anschlag, den wir einen Tag zuvor erlebt hatten, war das Argument von dem 
  Verlangen nach Sicherheit nicht einfach abzutun. Freilich bleibt die Frage, ob 
  diese notwendige, so sehr gewünschte und zu wünschende Sicherheit mit 
  dem Bau des Sicherheitszaunes wahrscheinlicher wird oder ob dadurch 
  politisch nicht ein größerer Scherbenhaufen angerichtet wird.
  Israels Politik: Die Intifada als alleiniges Thema
  Am 27. Januar, in Deutschland seit 1996 Gedenktag für die Opfer des 
  Nationalsozialismus, jährte sich zum 59. Mal der Tag der Befreiung von 
  Auschwitz durch die US Armee. An diesem Tag besuchten wir die 
  Gedenkstätte Yad Vashem. Welche Rolle spielt der Holocaust im öffentlichen 
  Diskurs in Israel, so lautete eine unserer Fragen, zu deren Beantwortung wir 
  David Witzthum, den Chefkorrespondenten der Israel Broadcasting 
  Association für Auslandsberichterstattung, eingeladen hatten. Er entfaltete 
  zunächst, wie der Holocaust Ende der 70er/Anfang der 80er Jahre in der 
  Regierungszeit von Menachem Begin in den Mittelpunkt der politischen 
  Diskussion und gemeinsamen Erinnerung rückte, wie sich die Einstellung zu 
  ihm wandelte von einer nationalen Aufgabe hin zu einem politischen 
  Gegenstand, der als das Schicksal angesehen wurde, das alle Juden eint. 
  Spätestens ab dieser Zeit verlaufen die Bruchlinien in der israelischen 
  Gesellschaft nicht mehr zwischen links und rechts, sondern zwischen 
  Gruppen unterschiedlicher ethnischer Herkunft. Linke Intellektuelle waren 
  z.B. bereit, mit dem Rechtspolitiker Begin aufgrund dessen Einstellung zum 
  Holocaust Übereinstimmung zu zeigen, alle anderen Trennlinien zu ihm 
  verschwanden dahinter. Mit der zweiten Intifada entschwindet der Holocaust 
  zunehmend ins Unterbewusstsein der Gesellschaft, und die Intifada mit dem 
  Terrorismus, dem Mauerbau und dem wieder neu auflodernden 
  Antisemitismus in Europa wird zum alles beherrschenden Thema. 
  Begleiterscheinung dieser absoluten Vorrangstellung eines einzigen 
  innenpolitischen Themas ist der Ausfall eines politischen Diskurses in Israel, 
  eine politische Linke, so Witzthum, sei von der politischen Landkarte in Israel 
  verschwunden. Scharon ist nicht greifbar, er vertritt hier linke Politik 
  (Mauerbau, Schaffung eines Palästinenserstaates), an anderer Stelle, 
  besonders im wirtschaftspolitischen Bereich, neoliberale Politik, wieder an 
  anderen Stellen erzkonservative Politik. Insgesamt zeichnete Witzthum ein 
  sehr düsteres Bild. Wo und wofür israelische Politik augenblicklich stehe, 
  darüber bestehe eine tiefe Ratlosigkeit, das bedeute dann auch, dass die 
  verschiedenen gesellschaftlichen Diskurse, wie Holocaust, wie ethnische 
  Trennlinien völlig lahmgelegt seien.
  Die Bedeutung des Landes in den drei Religionen
  Einen Studientag widmeten wir der Frage, welche Bedeutung das Land in 
  Judentum, Christentum und Islam hat. Hierzu waren Frau Dr. Schwartz, 
  Religionsphilosophin und Initiatorin des Programms "Religious study as a 
  forum of civil dialogue", Mohammed Khourani, Islamlehrer, und Dr. George 
  Khoury, Psychologe, melkitischer Priester und ehemaliger Vorsitzender des 
  christlichen Gerichts in Nazareth, eingeladen. Mit Textstudium, Referat und 
  Gespräch haben die Referenten/in versucht, ihre jeweilige Position 
  nahezubringen. Ohne auf die einzelnen Inhalte näher einzugehen, erscheinen 
  mir zwei Punkte erwähnenswert. In den hier entfalteten Positionen wurden 
  Ähnlichkeiten zwischen jüdischem und muslimischem Konzept zu der Frage 
  nach der Bedeutung des Landes deutlich, für beide hat die Heiligkeit des 
  Landes mit Abraham zu tun. Überraschend war die Deutung einer 
  muslimischen Quelle. Als Mohammed von den Engeln eingeladen wurde, von 
  Mekka nach Jerusalem zu reisen, trifft er sich dort mit anderen Profeten, u.a. 
  mit Isaak und Jesus, alle zusammen halten sie ein interreligiöses Gebet. Sie 
  stellen dabei fest, dass Jerusalem, insbesondere der Platz um den Tempel, 
  ein religiöser Ort für alle ist, konkurrenzfrei. Dr. Khoury als christlicher 
  Vertreter betonte, dass in der christlichen Tradition der Mensch und die 
  Menschenwürde eine höhere Bedeutung habe als das Land. Bedeutsam 
  erscheint mir, dass Dr. Khoury als arabischer Christ davon reden konnte, 
  dass Gott sein Volk Israel erwählt habe und bleibend zu dieser Erwählung 
  stehe.
  Dr. Michael Krupp knüpfte bei der Vorstellung der Israel Interfaith Association 
  am Samstagabend noch einmal an diese Thematik an, als er herausstellte, 
  welch wichtige Rolle die Religion seiner Meinung nach für den politischen 
  Prozess spielt. Nur wenn sich die Auslegungstraditionen durchsetzen, die in 
  den jeweiligen Religionen die Versöhnungslinien herausarbeiten, habe 
  Frieden eine Chance. Die Hauptprobleme und Bruchlinien liegen dabei 
  zwischen Christen und Muslimen einerseits und zwischen Juden und Christen 
  andererseits. Die theologischen Probleme sind zwischen diesen beiden 
  Paaren z.T. gravierend, zwischen Juden und Christen kommt noch der 
  palästinensisch-israelische Konflikt hinzu.
  Für die interreligiöse Arbeit wurde die Arbeit durch die zweite Intifada 
  erheblich erschwert. Für Palästinenser ist die Einreise nach Israel oftmals 
  nicht möglich, Israelis dürfen umgekehrt nicht in die besetzten Gebiete, da 
  für sie die Gefahren in diesen Gebieten zu groß sind. Der interreligiöse Dialog 
  lebt heute in starkem Maße von Kontakten, die vor der Intifada entstanden 
  und die auch erhalten geblieben sind.
  Besuche:
  Konrad-Adenauer-Stiftung
  Ein Ereignis der besonderen Art war für die Delegiertenkonferenz der 
  Empfang bei der Konrad-Adenauer-Stiftung. Im Rahmen einer 
  Podiumsdiskussion zum Thema "Antisemitismus in Deutschland heute - eine 
  israelische und eine deutsche Sichtweise" wurden die Delegierten der KLAK 
  eigens vor einem Publikum von ca. 350 Personen begrüßt und dafür gelobt, 
  dass sie die Konferenz in Jerusalem abhalten. Auf diese Weise wurde der 
  Besuch und das Motiv des Besuches, den Menschen in Israel und den 
  besetzten Gebieten Solidarität zu zeigen, zumindest einer kleinen 
  Öffentlichkeit in Jerusalem bekannt gemacht. Die Diskussion selbst, die in 
  deutscher Sprache geführt wurde, blieb in eher bekannten Gleisen, strittig 
  war unter den Podiumsteilnehmern/in, ob klar und eindeutig benennbar ist, 
  wo Antisemitismus beginnt. Prof. Dr. Moshe Zimmermann bejahte dies, 
  während die anderen Vertreter/in (Rickleff Münnich, Hanna Lehming, Dr. 
  Michael Krupp) auf dem Podium mit einer klaren Antwort eher vorsichtig 
  waren. Eine hitzige Diskussion entbrannte unter den zum größten Teil der 
  deutschen Sprache mächtigen Teilnehmenden über die Frage, inwiefern die 
  israelische Politik mit verantwortlich gemacht werden könne für einen neuen 
  Antisemitismus bzw. ob dieser durch Kritik an der Politik Israels geschürt 
  werde.
  Evang. Gemeinde in Jerusalem
  Zu einem Gespräch mit dem Pfarrer für Pilger- und Touristenseelsorge, 
  Rüdiger Scholz, waren wir in den Gemeindesaal der Erlöserkirche in der 
  Jerusalemer Altstadt eingeladen worden. Rüdiger Scholz berichtete von der 
  aktuellen Tätigkeit, die bestimmt ist von den massiv zurückgegangenen 
  Reisen von Touristen nach Israel. Er stellte heraus, dass die Gemeinde 
  einerseits den arabischen Gemeindegliedern verpflichtet ist, andererseits 
  auch am jüdisch-christlichen Dialog festhält. So ist es ein fester 
  Programmpunkt im Gemeindeleben, einmal im Monat mit einem Rabbiner am 
  Sonntagnachmittag einen Abschnitt aus der Schrift zu studieren. Um diesen 
  Spagat weiterhin aufrecht erhalten zu können, ist es wichtig, dass der Propst 
  der EKD unterstellt bleibt und nicht dem Bischof der Evangelisch-
  Lutherischen Kirche von Jordanien (ELCJ), wozu Jerusalem gehört. 
  Unmittelbar vor dem Rückflug am Sonntag besuchten die Delegierten den 
  Gottesdienst in der Erlöserkirche.
  Haus Pax
  Einige der Delegierten waren zu früherer Zeit selbst Freiwillige von Aktion 
  Sühnezeichen in Israel oder waren durch ihre frühere Tätigkeit anderweitig 
  mit Aktion Sühnezeichen verbunden. Das legte einen Besuch in Haus Pax in 
  der Rechov Engedi nahe. Sabine Lohmann, die dortige Studienleiterin, 
  empfing die etwa 10-köpfige Delegation von uns und berichtete über die 
  Struktur des Freiwilligendienstes. Zur Zeit sind 15 Freiwillige in Israel. Zur 
  Hälfte der Arbeitszeit sind sie im sozialen Bereich tätig (Betreuung von alten 
  Menschen, Mitarbeit in Behinderteneinrichtungen), zur anderen Hälfte in Yad 
  Vashem oder vergleichbaren Instituten. Särkeres Gewicht will man darauf 
  legen, den Freiwilligen Kontakte zu Gleichaltrigen zu verschaffen. So 
  berichten sie z.B. vor oder nach dem Jom haShoa in Schulen von ihren 
  Motiven, in Israel zu arbeiten. Durch die Änderung des Zivildienstgesetzes 
  steht Aktion Sühnezeichen vor der Herausforderung, ein neues 
  Freiwilligenprofil zu erstellen.
  Mit besonderer Spannung haben wir dann auf die Besichtigung des 
  fortgeschrittenen Rohbaus der Begegnungsstätte gewartet. Über die 
  inhaltliche Konzeption der Begegnungsstätte muss noch heftig diskutiert 
  werden. Ganz grundlegende Fragen müssen geklärt werden, z.B. für wen das 
  Haus sein soll: sicherlich für Begegnungen, aber eben zwischen wem? Soll es 
  in erster Linie für deutsche Gruppen ein Haus sein? Oder ein Ort, in dem sich 
  Palästinenser und Israelis treffen können, welche Palästinenser, welche 
  Israelis? Wie soll es mit der Küche gehalten werden? (Koscher?)
  Krankenhaus Shaare Zedek
  Parallel zum Besuch von Haus Pax fuhr eine weitere kleine Gruppe zum 
  Krankenhaus Shaare Zedek, das vom Denkendorfer Kreis finanzielle 
  Unterstützung erhält. Das Krankenhaus wurde durch eine Deutsche Stiftung 
  "Allgemeines jüdisches Krankenhaus Schaare Zedek" im Jahr 1902 ins Leben 
  gerufen. In den Jahren seines Bestehens wurde es immer wieder erweitert - 
  und verfügt heute u.a. über eine weltweit anerkannte Herzstation und über 
  die wichtigste Notfallambulanz in Israel (die derzeit völlig neu gebaut und 
  erheblich erweitert wird). Dramatisch war, dass der renommierte Leiter 
  dieser Ambulanz im vergangenen September durch einen Terroranschlag im 
  Cafe Hillel ums Leben kam (zusammen mit seiner Tochter, die vor hatte, am 
  folgenden Tag zu heiraten). Für die Erweiterungen und Neubauten ist Shaare 
  Zedek auf Spenden angewiesen!
  Besuch einer Modellschule in der Rechov Aqiba
  Durch das Attentat auf den Bus am Donnerstag, bei dem der Hausmeister 
  dieser Schule ermordet wurde, musste der ursprünglich für Freitagvormittag 
  geplante Besuch auf Sonntagvormittag verschoben werden. Gleich im 
  Eingangsbereich finden wir zwei Todesanzeigen an der Pinnwand angeheftet, 
  gegenüber Texte und Bilder der Schülerinnen und Schüler. Der Schulleiter 
  erklärte uns, dass unmittelbar nach der Todesnachricht kein Unterricht 
  möglich war, dass man aber am Freitagmittag bewusst wieder versucht hat, 
  den Unterrichtsbetrieb aufzunehmen, um wieder zum Alltag zu gelangen.
  Im Mittelpunkt der Schule in der Rechov Aqiba stehen die Schülerinnen und 
  Schüler, nicht der zu unterrichtende Stoff. Sie sollen gerne in die Schule 
  kommen und Eigeninitiative entwickeln. Diesen beiden grundlegenden Zielen 
  entspricht, dass die Schüler selbst bestimmen, in welchem Tempo sie lernen 
  und welche Inhalte für sie wann wichtig sind. Die Schule umfasst alle 
  Altersstufen: Kinder vom Kindergartenalter an bis hin zu Jugendlichen, die 
  ihr Abitur machen. Im Kindergartenbereich gibt es z.B. die Möglichkeit, von 
  einer Spielecke hin zu einer Ecke zu wechseln, wo sie Mathematik lernen 
  oder wo sie lesen und schreiben lernen. So werden fließende Übergänge 
  geschaffen, anstelle von Noten gibt es ausformulierte Beurteilungen und 
  Einschätzungen der Lehrerinnen und Lehrer.
  Zu diesem pädagogischen Konzept passt, dass die Schule offen ist für 
  behinderte Kinder. Autisten sind zunächst in einer kleinen Gruppe, wo sie 
  intensiv gefördert werden, um dann in ‚normale' Klassenverbände zu gehen.
  Studium in Israel
  Der neue Studienleiter von Studium in Israel, Andreas Wagner, ist zu uns ins 
  Hotel mit den in diesem Jahr in Jerusalem studierenden Absolventen des 
  Studienprogramms gekommen. Außer dass wir auf diese Weise die 
  Studierenden kennen lernten, haben wir eine sehr erfreuliche Nachricht mit 
  auf den Weg bekommen. Andreas Wagner arbeitet an einem Konzept für ein 
  ca. 3-4 Monate dauerndes Studium in Israel für Pfarrerinnen und Pfarrer im 
  Dienst. Ist das nicht die Gelegenheit, wenigstens einen Bruchteil dessen 
  nachzuholen, was manche/r noch nicht hat tun können?!
  Der Bericht umfasst einige wichtige Stationen, hat zwangsläufig auch viel 
  weg gelassen: Z. B. Spaziergänge durch die Altstadt, Einkaufen und das 
  damit verbundene Feilschen in der Altstadt, die sehr gute Führung durch das 
  Jerusalem des 19. Jahrhunderts durch unsere ganz hervorragende 
  Reiseleiterin Anne Jarck, die vielen informellen Gespräche unter den 
  Delegierten, um nur einige weitere Punkte zu benennen.
  Die Reise machte zahlreiche Begegnungen möglich, eröffnete neue 
  Sichtweisen und kann hoffentlich dazu helfen, dass wir als Teilnehmende mit 
  unseren nun frischen Erfahrungen das bei uns verzerrte Israelbild 
  zurechtrücken und ermutigen, in das Land zu reisen. Es kommt allen zu 
  Gute: den Reisenden, der jüdischen Bevölkerung, der palästinensischen 
  Bevölkerung! 
  Fotogalerie Jerusalem
  
 