Bericht Delegiertenversammlung 2015
 
 
 
  „Partikularismus und Universalismus“
  Die „Konferenz landeskirchlicher Arbeitskreise ‚Christen und Juden‘“ 
  (KLAK) hielt von 16.-19.1. ihre Jahrestagung und 
  Delegiertenversammlung in Berlin ab. Professioneller Austausch und 
  theologische Fortbildung gingen dabei Hand in Hand. Hauptreferent 
  zum Tagungsthema „Partikularismus und Universalismus“ war Prof. 
  Joel Kaminsky vom Smith College in Northampton, 
  Massachusetts/USA. Die christliche Perspektive trug Prof. Klaus 
  Wengst aus Bochum bei. 
  Hier eine sehr kurze Zusammenfassung ihrer Beiträge:
  Joel Kaminsky aus jüdischer Perspektive
  Joel Kaminsky erklärte zunächst, dass mit dem Begriffspaar 
  „Partikularismus und Universalismus“ Denkvorstellungen der 
  Aufklärungsphilosophie durch Biblische Theologie übernommen 
  werden. Dies geschehe meist unter dem Vorverständnis, dass 
  Universalismus mit Toleranz und Inklusion assoziiert werde, 
  Partikularismus mit Ethnozentrismus und Intoleranz. Das Christentum 
  werde mit Universalismus verbunden, weil es die Bekehrung der 
  ganzen Welt betone, während das Judentum mit Partikularismus 
  assoziiert werde. Biblische Texte zeigten jedoch, dass eine solche 
  Systematisierung oder Schematisierung nicht sachgemäß ist. 
  Während im Christentum unterschieden werde zwischen 
  Gläubigen/Ungläubigen bzw. Geretteten/Verlorenen, differenziere das 
  Judentum zwischen dem erwählten Volk Israel, den Nichterwählten 
  und den Feinden der Erwählung bzw. des erwählenden Gottes. Das 
  Judentum knüpfe Rettung nicht an Erwählung und brauche darum 
  auch nicht die ganze Welt zu bekehren. Gerettet werden könnten 
  nicht nur Israeliten, sondern auch Nichterwählte, die „Gerechten 
  unter den Völkern“. Während die Denkweise der Aufklärung auf die 
  Ausbreitung des Universalismus und die Zurückdrängung des 
  Partikularismus ziele, zeigten die Texte der Bibel und der jüdischen 
  Tradition, dass Israel seinen Universalismus gerade durch ein 
  vertieftes Verständnis seiner eigenen Identität gefördert habe. 
  Warum, fragt Joel Kaminsky, gehen wir individualpsychologisch davon 
  aus, dass die Ausbildung des eigenen Selbst zu erhöhter 
  Beziehungsfähigkeit verhelfe, und sozialpsychologisch führe angeblich 
  die Schwächung unserer nationalen und ethnischen Identität zu mehr 
  Respekt anderen Gegenüber? Interessanterweise seien die 
  universellsten Aussagen der Hebräischen Bibel und der rabbinischen 
  Literatur an Stellen zu finden, die Israels besondere Erwählung 
  ausdrückten. Christen und Juden beteten zum Gott Israels. Biblische 
  lassen sich nicht mit neuzeitlichen philosophischen Gedanken 
  vereinen. Tatsächlich sei jede religiöse Tradition partikular, denn keine 
  schließe jeden Menschen ein.
  Klaus Wengst aus christlicher Perspektive
  Klaus Wengst teilt Joel Kaminskys Sicht, dass Israel die Völker 
  danach beurteile, ob sie Israel bekämpften wie Amalek oder leben 
  ließen. Die Bibel denke Gott und eine höchst partikulare Geschichte 
  zusammen. So nur gewinne das Reden von Gott in der Bibel 
  Konkretheit. Diese Partikularität werde auch vom Neuen Testament 
  bezeugt und auf Jesus hin gedeutet. Das Evangelium setze die Völker 
  in Beziehung zum Gott Israels. In gewisser Weise werde so der 
  Unterschied zwischen Völkern und Israel vergleichgültigt. An Israels 
  Besonderheit, dem Gott die Treue halte unabhängig von seiner 
  Haltung zum Messias Jesus, werde jedoch auch im Neuen Testament 
  festgehalten, auch endzeitlich. Der Sündenfall der Kirche sei die 
  Behauptung, sie sei das „wahre Israel“. Die Wahrnehmung des 
  Judentums als Israel sei entscheidend dafür, dass das Christentum 
  eine humane Religion werde. Da die Kirche heute nicht mehr aus 
  Juden und Völkern, sondern nur noch aus Völkern bestehe, sei sie 
  selbst partikular und umso mehr auf Israel verwiesen, wenn sie an 
  Gott festhalten wolle: „Freut euch, ihr Völker, mit Gottes Volk“ 
  (Römer 15,10 in Aufnahme von 5. Mose 32,43). Humane 
  Universalität sei nur möglich bei gegenseitiger Achtung alles 
  Partikularen.
  KLAK-Interna
  Nach drei Amtsperioden bin ich nicht mehr zur Wahl um den KLAK-
  Vorsitz angetreten. Zum neuen KLAK-Vorsitzenden wurde Pfarrer Prof. 
  Dr. Klaus Müller aus Heidelberg gewählt.
  Besuch im Auswärtigen Amt
  Die KLAK-Delegierten besuchen jedes Jahr eine andere Einrichtung in 
  Berlin, in diesem Jahr anlässlich des 50jährigen Jubiläums der 
  diplomatischen Beziehungen zu Israel das Auswärtige Amt.
 
 