Vom 21. bis 25. Januar 2011 fand in Berlin-Schwanenwerder die 
  Jahrestagung der Konferenz landeskirchlicher Arbeitskreise „Christen und 
  Juden“ im Bereich der Evangelischen Kirche in Deutschland (KLAK) statt 
  www.klak.org. 35 Delegierte aus 18 der 21 Landeskirchen, die Mitglied in 
  der KLAK sind, nahmen teil, einer von ihnen war bereits an der Gründung 
  der KLAK vor 33 Jahren beteiligt. Für dieses Jahr hatten wir uns eine 
  zweigeteilte Tagung vorgenommen: im Rahmen unserer jährlichen 
  theologischen Fortbildung befassten wir uns intern mit einer 
  Verhältnisbestimmung von christlich-jüdischem Dialog und christlich-
  islamischem Dialog; zusätzlich veranstalteten wir aus Anlass des Jubiläums 
  „50 Jahre Arbeit der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste (ASF) in Israel“ 
  eine Kooperationstagung mit Vertretern der ASF zum Thema „Land und 
  Staat Israel in der jüdischen Tradition und in der christlichen Theologie“. Im 
  Folgenden berichte ich von diesen beiden Tagungsteilen und weiteren 
  Programmpunkten.
  Zur aktuellen Lage im Nahen Osten
  Seit einigen Jahren gehört der Austausch darüber, wie wir die aktuelle Lage 
  in Nahost sehen, fest zu unserem Tagungsprogramm. Wir bitten eine der 
  KLAK nahestehende Person um ein Impulsreferat und tauschen uns dann 
  über unsere unterschiedlichen Wahrnehmungen und Einschätzungen aus. 
  Alle von uns können über Gespräche berichten, in denen Menschen aus 
  unseren Gemeinden und Kirchen zu einfachen Deutungsmustern neigen, voll 
  Ungeduld eine „Lösung“ fordern und genau wissen, wer schuld daran ist, 
  dass es eine solche noch nicht gibt. Wenn 35 Leute, die den Nahen Osten 
  bereist haben, zahlreiche Kontakte zu dortigen Menschen und Institutionen 
  pflegen und die sich durch Medien und Bücher auf dem Laufenden halten, 
  die Lage diskutieren, kommt vor allem deren Komplexität zum Bewusstsein. 
  Heute kann man vernünftige, nachvollziehbare Argumente hören für das 
  gesamte Spektrum an Meinungen von „Frieden ist möglich“ (so z. B. der 
  frühere israelische Botschafter Avi Primor) bis zu „In absehbarer Zeit ist 
  nicht mit Frieden zu rechnen“ (so oder ähnlich z. B. der Journalist Ulrich 
  Sahm). Ziel unserer Debatte ist es nicht, alle Delegierten auf eine Meinung 
  festzulegen. Wir wollen vielmehr besser verstehen, was geschieht, und uns 
  gegenseitig unserer Verbundenheit mit den unterschiedlichsten Partnern 
  dort versichern. Und wir üben eine Gesprächskultur ein, in der man 
  aufeinander hört und nicht verurteilt, auch wenn man manches anders sieht 
  als der andere.
  Zum Verhältnis von christlich-jüdischem und christlich-islamischem Dialog
  In der letzten Zeit gibt es immer wieder Bestrebungen, Verbindungen 
  zwischen dem christlich-jüdischen und dem christlich-islamischen Dialog zu 
  knüpfen (vgl. die Berliner Thesen des Internationalen Rates der Juden und 
  Christen ICCJ; vgl. Stiftung Zürcher Lehrhaus – Judentum, Christentum, 
  Islam; vgl. auch Stuttgarter Lehrhaus, Stiftung für interreligiösen Dialog). 
  Die KLAK wollte den unterschiedlichen Charakter der jeweiligen 
  Dialogbeziehung und die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit erkunden und 
  reflektieren. Dazu luden wir drei Referenten ein, einen Christen, einen 
  Muslim und einen Juden. Jeder sollte über den Dialog der eigenen Religion 
  mit den je anderen beiden sprechen.
  Der Praktische Theologe Prof. Dr. Bernd Schröder aus Saarbrücken betonte 
  die Notwendigkeit beider Dialoge nebeneinander und die Erwartung an das 
  Zusammenwirken aller drei Religionen, wenn es um bestimmte 
  gesellschaftliche Wertefragen (Bewahrung der Schöpfung, Umgang mit 
  Fremden, Erhalt von kollektiven Traditionen wie dem wöchentlichen Ruhetag 
  u. a.) geht. Aus der Sicht der Kirchen bestehe hier noch mehr Bedarf an 
  Koordinierung beider Dialoge. Am Beispiel paralleler Themen 
  (Monotheismus, Stellenwert der göttlichen Weisung, Wahrheitsanspruch und 
  Gewaltbereitschaft, Umgang mit der je inneren Vielfalt), Prinzipien (Respekt 
  und Toleranz, Geschichtsbewusstsein und Zukunftsorientierung, 
  Authentizität, Identität und Verständigung, Konvivenz) und Anlässe 
  (Nachbarschaftskontakte, Feste, Initiativen gegen Fremdenfeindlichkeit, 
  gemeinsame Schulfeiern, Kooperation bei Konflikten bzw. Notlagen) 
  beschrieb er die Nähe der drei Religionen zueinander. Jede Äußerung im 
  Dialog sei perspektivisch gebunden, so Schröder, keine Position sei unstrittig 
  oder alternativlos, darum sei Respekt gegen andere Positionen bzw. eine 
  eigene „reflektierte Positionalität“ unabdingbar. Im Folgenden beschrieb er 
  sechs Modelle bzw. Paradigmen für eine theologische Begründung des 
  Dialogs und befragte sie hinsichtlich ihrer Funktionalität, Theologizität und 
  Fokussierung. Im Einzelnen sind dies
  1. Das Alltagsparadigma hat nicht die theologische Annäherung, sondern die 
  Schaffung von Vertrauen z. B. durch interreligiöse Gesprächskreise zum 
  Ziel.
  2. Das israeltheologische Paradigma betont die Einzigartigkeit des 
  christlichen Verhältnisses zum Judentum gegenüber den anderen Religionen 
  und versäumt es, Kategorien für das Gespräch mit diesen zu entwickeln.
  3. Das theologisch reflektierte Abraham-Paradigma, für das Karl-Josef 
  Kuschels Buch „Streit um Abraham“ (1994) oder auch Ausführungen des 
  Theologen Bertold Klappert exemplarisch stehen, fristet ein Nischendasein. 
  Seine Stärken: es ermöglicht das theologische Gespräch, geht von der 
  Selbigkeit des Einen Gottes aus und erlaubt die Unterscheidung von 
  Judentum, Christentum und Islam von den anderen Religionen.
  4. Das humanistisch-ethische Paradigma (Hans Küng: Weltethos) bezieht 
  die bilateralen Dialoge positiv aufeinander aufgrund ihrer gemeinsamen 
  ethischen Sache. Durch vier unverrückbare Weisungen (Gewaltlosigkeit, 
  Solidarität, Toleranz, Gleichberechtigung von Mann und Frau) nimmt es das 
  „Humanum“ und eben nicht die jeweilige Lehre einer Religion in Anspruch. 
  So erlaubt es allerdings keine Begründung besonderer Beziehungen 
  zwischen den drei großen monotheistischen Religionen.
  5. Das Monotheismus-Paradigma zeigt die Verwandtschaft von Judentum, 
  Christentum und Islam auf einer religiös abstrakten Ebene und lässt das 
  Gespräch zwischen ihnen lohnend erscheinen, grenzt freilich andere 
  Religionen aus.
  6. Das religiös-theologische Paradigma bestreitet den absoluten 
  Wahrheitsanspruch jeder Religion und gesteht jeder einen Teil der Wahrheit 
  zu. Es bietet keine Kategorien für eine Anerkennung der Besonderheit der 
  drei monotheistischen Religionen Judentum, Christentum und Islam.
  Der Referent sieht die umfassendsten Stärken im dritten und im sechsten 
  Modell, rät jedoch zur differenzierten Dialogizität und dazu, sich bei den 
  genannten sechs Modellen eklektizistisch zu bedienen. „Wir brauchen so viel 
  trialogische Abstimmung wie möglich und so viel bilaterale Abstimmung wie 
  nötig.“ Sinnvoller als ein permanenter Trialog sei die Vernetzung der Dialoge 
  im Sinne einer „abrahamitischen Gastfreundschaft“ (nach Uwe Gräbe), die 
  Gegensätze und Unterschiede anerkennt und Begegnungen unter das Gebot 
  der Freundlichkeit stellt.
  In der Diskussion formulierte der Referent die Aufgabe, den christlich-
  jüdischen Dialog durch Schnittstellen zu anderen Religionen anzureichern 
  und verwies auf das biblisch-jüdische Modell der Noachiden (B’nei Noach).
  Der Vortrag von Prof. Schröder ist in weiten Teilen publiziert in der 
  Zeitschrift für Theologie und Kirche (ZThK) 2008.
  Den muslimischen Beitrag zur Tagung gab der Islamwissenschaftler Bekir 
  Alboga aus Köln, DITIB-Referatsleiter für interkulturelle und interreligiöse 
  Zusammenarbeit. Er sprach über das Verhältnis des islamisch-christlichen 
  zum islamisch-jüdischen Dialog. Alboga hob die Frieden stiftende Funktion 
  des interreligiösen Dialogs hervor. Der Islam sei keine neue „Religion“, 
  sondern eine „neue Bewegung innerhalb des Monotheismus“. Anhand einer 
  Reihe von Koranstellen legte er die Offenheit des Islam zum interreligiösen 
  Dialog mit Juden und Christen dar (V,43-48; XXIX,46; II,136; III,64; II,62). 
  Aus diesen Stellen, der Biografie Mohammeds und Ereignissen aus der 
  frühen islamischen Geschichte leitete er einige Grundsätze ab, besonders 
  die Absage an die zwangsweise Islamisierung von Juden oder Christen. Ein 
  besonderes Anliegen war Alboga eine nicht-fundamentalistische Lesart des 
  Koran und anderer traditioneller Texte. Insbesondere bei Texten, die ein 
  Gewaltpotenzial enthielten, sei heutigen islamwissenschaftlichen 
  Grundsätzen zufolge der Kontext zu beachten. Die religiöse und die 
  politische Rolle Mohammeds seien voneinander zu trennen.
  Anschließend wandte sich Alboga den deutschen Realitäten zu und beklagte 
  die grundsätzliche Verschlechterung der Bedingungen für den interreligiösen 
  Dialog seit dem Anschlag auf das World Trade Center am 11.9.2001. Seit 
  dem Erscheinen der EKD-Handreichung „Klarheit und gute Nachbarschaft“ 
  bzw. seit der Regensburger Rede von Papst Benedikt XVI. bzw. Prof. Joseph 
  Ratzinger habe sich unter Muslimen Enttäuschung ausgebreitet. Während 
  die DITIB ehrenamtliche Dialogbeauftragte ausbilde, strichen die 
  christlichen Kirchen in diesem Bereich Stellen. Seit den israelisch-türkischen 
  Verstimmungen wegen der Gazaflotte im Sommer 2010 gebe es auch 
  Spannungen im muslimisch-jüdischen Gespräch. Innerislamische 
  Differenzen und Sprachschwierigkeiten versuche der Koordinierungsrat der 
  Muslime zu bearbeiten. Interreligiöse Gespräche auf kommunaler Ebene 
  seien geschwächt, das Fehlen von Gesellschaften für christlich-muslimische 
  Zusammenarbeit mache sich bemerkbar, Muslime würden zur Woche der 
  Brüderlichkeit nicht eingeladen. Das einzige Beispiel einer bundesweiten 
  interreligiösen Zusammenarbeit sei das Projekt „Weißt du, wer ich bin?“ in 
  Kooperation mit der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK). Alboga 
  sprach sich nachdrücklich für eine Fortsetzung dieses Projekts aus. Ab und 
  zu gebe es Friedensgespräche, Friedensgebete oder Gemeinschaftsfeiern, 
  doch nie sei es zur Vermischung religiöser Traditionen gekommen. Wie es 
  weiter gehe, hänge von der politischen Entwicklung in Deutschland ab. 
  Vertreter der derzeitigen Regierung instrumentalisierten den Dialog.
  In der Diskussion kam die Sorge des Referenten vor Diskriminierung und 
  Ausgrenzung der Muslime noch deutlicher zum Ausdruck. 58 % der 
  Deutschen identifizierten den Islam mit Terrorismus, 88% mit Gewalt und 
  Zwangsverheiratungen. Allein in Berlin habe es sieben Anschläge auf 
  Moscheen gegeben. Viele junge gebildete Muslime verließen Deutschland. 
  Das muslimisch-jüdische Verhältnis würde sich nach einer Entschuldigung 
  Israels bessern. Auf kleine Schritte und Gespräche zwischen DITIB und dem 
  Zentralrat der Juden wolle er nicht verzichten, so Alboga, Besuche von 
  Muslimen in Synagogen fänden weiter statt. Er lobte ausdrücklich den 
  Bericht des Bischofs der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck, Dr. 
  Martin Hein, mit einem Plädoyer für offene Begegnungen zwischen den 
  Religionen.
  Die jüdische Perspektive auf unser Tagungsthema trug Rabbiner Prof. Dr. 
  Tovia Ben-Chorin aus Berlin bei. Er hielt einen sehr persönlichen, mit 
  Erfahrungen und Anekdoten angereicherten Vortrag. Hier ginge es nicht 
  darum, einander zu streicheln, sondern auch unangenehme Fragen zu 
  besprechen. Unter Juden gelte er, Ben-Chorin, als Nestbeschmutzer, weil er 
  das israelische Rassismusproblem anspreche. Ehrlich zu sein bedeute jedoch 
  nicht, dass er Israel nicht liebe. Die israelische Unabhängigkeitserklärung 
  sei von so vielen unterschiedlichen Menschen unterschrieben worden wie 
  kein zweites Dokument der jüdischen Geschichte. Daher sei gegen die 
  religiöse Vereinnahmung des israelischen Staates auf die in diesem 
  Dokument niedergelegte Selbstverpflichtung hinzuweisen, den Staat auf den 
  Visionen der Propheten Israels aufzubauen.
  Im interreligiösen Dialog, so der Referent, müsse man die Ziele des Dialogs 
  von Politik deutlich unterscheiden. Wir suchen durch den Dialog Vertrauen. 
  Vorbild dafür ist etwa Jeremia (1,4): „Ich sehe einen Mandelzweig“. „Mein 
  Vertrauen“, so Tovia Ben-Chorin, „beginnt horizontal“, d. h. zwischen 
  Mensch und Mitmensch, „vertikal wird es erst am Horizont, dann wird das 
  ‚du‘ zum ‚DU‘“ – der Dialog zwischen Menschen führt zum Gespräch mit Gott 
  und nicht umgekehrt. „Ich versuche eine Sprache zu sprechen, die mich mit 
  Atheisten zusammenbringt.“ Ist erst Vertrauen zwischen Menschen 
  gewachsen, stehe den Politikern Terrain zur Verfügung, um den Frieden 
  zurückzugewinnen. „Wenn ich zuerst auf Sicherheit beharre, werde ich nicht 
  weiterkommen.“  Das Problem der Muslime sei, dass sie praktisch nie die 
  Erfahrung gemacht hätten Minderheit zu sein. Gott sei Dank hätten 
  umgekehrt die Juden nie oft über andere Völker geherrscht. Es sei neu, dass 
  Juden das Schicksal anderer kontrollierten, das gehe nicht schon nach 60 
  Jahren so glatt wie in Europa – und wie lange habe es hier gedauert!
  Dann unterbrach Rabbiner Ben-Chorin seinen Vortrag und bat die KLAK-
  Delegierten, Thesen für den Dialog zu sammeln. Folgende sechs Punkte 
  wurden genannt: 1. Wird Religion als Störfaktor oder als Entwickler des 
  Friedens verstanden? 2. Die Unterschiedlichkeit des Gesprächspartners ist 
  zu respektieren. 3. „Ich bin ich – du bist du“: Selbsterkenntnis durch 
  Erkenntnis des anderen. 4. Gemeinsames und Trennendes gilt es 
  anzusprechen. 5. Verantwortung für die Zukunft: „Wie wollen wir 
  miteinander leben?“ 6. Der eine Gott stiftet die Einheit der Menschen.
  Nun brachte der Referent seine eigenen Thesen, erarbeitet von einer 
  evangelisch-jüdischen Gesprächskommission in der Schweiz und 
  veröffentlicht in der Gemeinsamen Erklärung von Juden und evangelischen 
  Christen in der Schweiz, hg. v. SEK und feps, ISBN 978-3-7229-6035-7:
  1. Das Geschenk der Freiheit: Wählen zu können (z. B. zwischen Leben und 
  Tod, 5. Mose), ist ein Geschenk von Gott. Der Dialog der Gemeinschaften 
  setzt Freiheit und Vertrauen voraus, darum lässt er sich nicht erzwingen. 
  Wer in Freiheit lebt, lebt in Verantwortung. Daher ist die Grenze zwischen 
  Freiheit und Anarchie einzuhalten. Auch soll die Freiheit nicht dazu benutzt 
  werden, sich von anderen weitgehend abzugrenzen. Miteinander zu leben 
  kann andererseits nicht bedeuten sich zu assimilieren. Zur Beantwortung 
  der Frage „Warum sind wir da?“ brauche ich den anderen.
  2. Die Schrift besser kennen lernen. Juden und Christen haben eine heilige 
  Schrift gemeinsam, die sie unterschiedlich lesen. Geschieht 
  Schriftauslegung im Kampf oder in Annäherung? Was bedeutet für uns 
  Offenbarung? Was macht die Schrift für mich heilig? Jüdische 
  Gesprächspartner für Christen sollten auch in einem innerjüdischen Dialog 
  stehen.
  3. Unsere gemeinsame Verantwortung ist unsere Antwort auf Gottes Ruf. 
  Jetzt erst, an dritter Stelle, reden wir von Gott. Die Verantwortung für unser 
  Gemeinwesen lässt uns für Demokratie eintreten, deren Wurzeln im 
  Judentum zu finden sind. „Demokratie ist für mich eine religiöse Sache.“ 
  Maimonides (Hilchot Melachim, Jad chasaka XI,4) zufolge befördern 
  Christen und Juden das Kommen des Messias, dienen der Vervollkommnung 
  der Welt (tikkun olam) und dienen gemeinsam Gott.
  In der Diskussion wurde verstärkt nach dem jüdisch-islamischen Dialog 
  gefragt. Für die Zeit des Mittelalters, so der Referent, könne man von Dialog 
  sprechen, heute nur noch von Informationsvermittlung. Der Islam brauche 
  eine Aufklärung. Eine Verständigung über die unterschiedlichen 
  Perspektiven auf biblische bzw. religiöse Texte könne nur auf der Grundlage 
  historisch-kritischer Textlektüre geschehen.
  Die drei Vorträge stießen unter den KLAK-Delegierten auf großes Interesse. 
  Kritisch angemerkt wurde, dass im Programmablauf keine Zeit für die 
  interne Verständigung über das Gehörte unabhängig von den Referenten 
  vorgesehen war.
  Land und Staat Israel in der jüdischen Tradition und in der christlichen 
  Theologie
  Der zweite theologische Schwerpunkt der Tagung wurde zusammen mit 
  Vertretern der Aktion Sühnezeichen Friedensdienste erarbeitet.
  „Erez Israel in der jüdischen Tradition und im neueren religiösen Denken des 
  Judentums“ lautete das Thema von Dr. Hans-Michael Haußig von der 
  Universität Potsdam. Im Judentum, so Dr. Haußig, gebe es zwei 
  unterschiedliche Zugangsweisen zum Landthema: die „halachische“, d. h. 
  religionsgesetzlich-konstitutive, und die „aggadische“, alle anderen 
  literarischen Zeugnisse (aus Bibel und rabbinischem Schrifttum) 
  umfassende. Seit der rabbinischen Zeit gebe es im Wesentlichen vier 
  Positionen:
  1. Das Land ist grundsätzlich heilig, es hat eine spirituelle Qualität und ist 
  daher von zentraler Bedeutung, denn nur hier lässt sich die Tora vollständig 
  erfüllen.
  2. Das Land ist so außergewöhnlich heilig, dass ein „normaler“ Jude 
  (benoni) dort vor der messianischen Zeit nicht wohnen kann. Diese Position 
  entstand in Aschkenas (Deutschland) im Mittelalter und führte zum Streit 
  zwischen zionistischen und religiösen Juden.
  3. Das Land ist heilig, jedoch kein besonderes Thema. Vielmehr wird auch 
  die Diaspora bejaht, durch die das jüdische Volk seinen Auftrag Licht der 
  Völker zu sein erfüllen kann.
  4. Dem Land wird eine besondere Rolle abgesprochen, diese hat sich 
  erledigt. Diese Meinung war im deutschen Reformjudentum des 19. 
  Jahrhunderts vorherrschend, heute ist sie zurückgedrängt.
  Die ersten drei Positionen verbinden das Land mit Erlösung und 
  Messianismus. Strittig ist die Frage, ob der Einzelne aktiv zur 
  Landgewinnung beitragen oder auf Gottes Eingreifen warten soll. Position 1) 
  fordert den aktiven Beitrag in Form der Einwanderung oder von Spenden. 
  Position 2) lehnt teilweise jeden Aktivismus ab. Verwiesen wird auf drei 
  Schwüre, die im Talmud genannt sind: Das Land zu gewinnen ohne Waffen, 
  ohne das Ende zu bedrängen und nicht gegen die Völker der Welt. Das 
  bedeutet: Rückkehr erst in messianischer Zeit. Position 3) möchte die 
  Diaspora nicht überwinden. Aktivisten können allenfalls mit Sympathie 
  rechnen. Position 4) sieht Erez Israel als historische Größe an: das 
  Festhalten am Land widerspreche den ethischen Grundsätzen des 
  Judentums.
  Auf diese systematische folgt die historische Einordnung der verschiedenen 
  Positionen. In der Bibel wird die enge Beziehung zwischen dem Volk und 
  dem Land Israel hervorgehoben. Das 1. Buch Mose wiederholt die 
  Landverheißung häufig. In 2. Mose 3 erscheint in einer Offenbarung an 
  Mose das Motiv der Herausführung der Israeliten aus Ägypten, das mit dem 
  Motiv des Einzugs in das Land Kanaan zusammengehört. In 1. Mose geht es 
  um Abrahams Sippe, in 2. Mose um das aus ihr entstandene große Volk. Die 
  Landgabe hängt ab vom Gehorsam gegen Gott. In Mischna Kelim I,6 erfolgt 
  die religionsgesetzliche Grundlegung (Halacha) der Heiligkeit des Landes in 
  zehn Stufen, die in der Heiligkeit des Allerheiligsten im Tempel gipfeln. Die 
  Aggada (bTa’anit 10a; bKetubbot 110b-111a) sagt, dass dieses Land bei der 
  Schöpfung als erstes erschaffen worden sei und dass Juden grundsätzlich im 
  Land wohnen sollen. In der Liturgie (Achtzehnbittengebet, Pessachhaggada) 
  wird diese Position bestätigt.
  Die großen jüdischen Denker des Mittelalters vertreten unterschiedliche 
  Auffassungen. Für Jehuda Halevi hat Erez Israel einen besonderen Grad an 
  Realität als Zentrum des Universums und Begegnungspunkt zwischen Erde 
  und Transzendenz. Maimonides beschreibt Erez Israel als Thema der 
  Halacha, nicht der Philosophie: physisch bestehe zwischen Land und 
  Diaspora kein Unterschied, nur im Blick auf die Erfüllung der Gebote.
  Rabbi Meir ben Baruch von Rothenburg ob der Tauber bestreitet die 
  menschliche Verfügungsgewalt über das Land, weil es Gott gehöre.
  Nach der Aufklärung differenziert sich das Judentum religiös, unzeitgemäße 
  Gebote verlieren an Bedeutung. Ohne Volk verliere das Land seine 
  Heiligkeit, sagt der Talmudist Samuel Holdheim. Aus der Kritik an der 
  unzulänglichen Emanzipation geht der Zionismus hervor, nach dessen 
  prominentestem religiösen Denker Rav Kook die Sehnsucht nach Erez Israel 
  das jüdische Volk habe überleben lassen. Das Land und das Volk seien 
  heilig, so Kook. Die Besiedlung des Landes, die nach Rav Kook auf 
  Staatlichkeit zielen solle, sei der Beginn der Erlösung. Der Sohn von Rav 
  Kook verengte die Ideen seines Vaters und propagierte die Besiedlung des 
  Westjordanlandes als menschlichen Beitrag zur Erlösung. „Nie war dem 
  Judentum die Beziehung zum Land gleichgültig“, schloss der Referent seinen 
  Vortrag.
  Prof. Dr. Rainer Kampling von der Freien Universität Berlin sprach über das 
  Thema „Land und Staat Israel und die Christenheit“. Er setzte beim 
  Glaubensbekenntnis ein: der 1. Artikel vom Handeln Gottes in der 
  Geschichte sei antimarkionistisch (Markion wollte im 2. Jahrhundert alles 
  Jüdische aus dem Christentum und dem Neuen Testament entfernen). Der 
  Gott des Alten Testaments sei der Gott der Erzväter und der Vater Jesu 
  Christi. Die Glaubensgeschichte Israels gehöre in den Glauben der an Jesus 
  Christus Glaubenden hinein. Seit der Antike gebe es jedoch auch die 
  exkludierende Christologie eines superioren Christentums, die das Judentum 
  seiner eigenen Geschichte enterbt. Noch vor wenigen Jahren relativierte die 
  US-Bischofskonferenz ihre Aussage, alle Verheißungen an Israel seien in 
  Jesus Christus erfüllt, erst nach Protesten. Das gegenwärtige Pontifikat 
  vertrete eine ähnliche Theologie. „Der theologische Preis dafür: dieser Papst 
  kennt keine Eschatologie und keine Hoffnung mehr, dass Jesus Christus 
  wiederkehrt“.
  Die Frage nach dem Land war nie nur theologisch, sondern immer auch 
  politisch. Jesu Reich-Gottes-Botschaft betraf implizit auch das Land der 
  Verheißung. Weder das Land noch die Stadt Jerusalem haben in Jesu 
  Verkündigung keine Bedeutung, führte der Referent anhand einiger 
  neutestamentlicher Textstellen aus. Als Beweis für diesen Umsturz wird Jesu 
  Kreuzestod angesehen. Im Neuen Testament fehlten Berichte über 
  Reinigungsriten Jesu, über Gebete Jesu im Tempel oder über Opfer Jesu. 
  Neben den tempelkritischen Pharisäern war Jesus Vertreter einer sehr 
  tempeldistanzierten Gruppe, das Land hat ihn nicht interessiert. Prof. 
  Kampling nennt dies „Entheiligung“ des Landes. Auch für andere Teile des 
  damals universalen Judentums waren Jerusalem und das Land Israel nur 
  mehr Symbole – für das frühe Christentum wurde diese Sicht die Regel. So 
  wurde das Christentum zur einzigen antiken Gruppe, die die Vorstellung von 
  heiligen Orten aufgegeben hatte.
  Im Kontext des christlichen Antijudaismus kam es zu einer 
  Wiederentdeckung des Landes. Dass die Juden Land und Stadt Jerusalem 
  verloren hatten, wurde als Gotteserweis für das Evangelium angesehen. Als 
  Kaiser Konstantin das Christentum legalisierte, beanspruchte das 
  Christentum alle Qualitäten Israels für die Kirche. Dem Judentum wurde 
  abgesprochen, weiterhin Religion zu sein: es sei seit dem Verlust des 
  Tempels nicht mehr kultfähig, da es in ständiger Unreinheit lebe. Diese 
  Argumentation wurde bis ins 20. Jahrhundert verwendet: das Judentum sei 
  illegitim, eine Religion ohne die Billigung Gottes.
  Der Kirchenvater Origenes entwickelte eine Straftheorie gegen die Juden: 
  Landverlust und Vertreibung seien die Strafe für die Kreuzigung Christi. Weil 
  sie bestraft worden seien, stehe fest, dass sie und nicht Pilatus die Mörder 
  seien. Nach Origenes hat der jüdische Landverlust für das Christentum 
  Offenbarungsqualität: Gott offenbare, dass das Evangelium wahr ist. Auch 
  diese Argumentationsform wurde bis ins 20. Jahrhundert lebendig erhalten.
  Als Kaiser Julian Apostata den Juden den Tempelwiederaufbau gestattete, 
  verkündeten Theologen, jeder, der versuche, das Land an die Juden 
  zurückzugeben, müsse sterben. Julian wurde von einem seiner Soldaten 
  ermordet. Christlicher Einfluss auf den römischen Kaiser erwirkte die 
  Minderung des jüdischen Rechtsstatus im Römischen Reich. 
  Auseinandersetzungen zwischen Christen und Juden führten im Land Israel 
  bis zum 6. Jahrhundert zur weitgehenden Separierung der beiden Gruppen. 
  Zur Zeit des Kaisers Theodosius wurde behauptet, die Landverheißung gelte 
  den Christen. Papst Urban II. begründete 1096 den Aufruf zum ersten 
  Kreuzzug mit dem Argument, das Heilige Land sei christliches Land. Die 
  Juden und Muslime Jerusalems fielen drei Jahre später einem Blutbad zum 
  Opfer.
  In Liedern, Bildern und geistlichen Spielen verfestigte die christliche 
  Tradition diesen Anspruch auf das Land. Als der Staat Israel gegründet 
  wurde, sahen pietistische Kreise besonders in Württemberg dies als die 
  Aufhebung einer Gottesstrafe und göttliche Versöhnungstat an – die Schoa 
  sei die Letztstrafe Gottes für das jüdische Volk gewesen. Römisch-
  katholische Fundamentalisten hingegen delegitimierten den Staat Israel, er 
  sei gegen Gottes Willen errichtet, die Kreuzigung Christi sei unabgeltbar.
  Schon im 4. Jahrhundert hatte es im Land Israel eine christliche 
  Pilgerstruktur gegeben. Es verbreitete sich die Auffassung, Heiligkeit könne 
  sich auf bestimmte Räume konzentrieren und bei Berührung, z. B. mit 
  einem Stück Stoff, mit nach Hause genommen werden. Dieser Umschwung 
  war nur mit staatlicher Unterstützung möglich, sie gehen auf Kaiser 
  Konstantins Mutter Helena zurück, von der antijüdische Texte überliefert 
  sind. Das Land Israel wurde auf ihre Veranlassung vor allem durch die 
  Intensivierung des Kirchenbaus christianisiert. In Jerusalem florierte die 
  Fälschung von Reliquien für die Christenheit im Römischen Reich. Die Juden, 
  die die Heiligkeit des Landes nach christlicher Auffassung störten, wurden 
  verdrängt. Straßen, Hospitäler und Pilgerstätten wurden gebaut. Die 
  aufkommende Verehrung der alttestamentlichen Propheten führte zur 
  christlichen Enteignung jüdischer Orte. Bis ans Ende des 20. Jahrhunderts 
  wurde die Lehre, das Land sei den Christen verheißen, aufrechterhalten. 
  1994 erkannte der „Heilige Stuhl“ Israel diplomatisch an. Zuvor bestritt Pius 
  X. im Gespräch mit Theodor Herzl den jüdischen Landanspruch. Der Vatikan 
  erhob Einspruch gegen die Balfourerklärung. In einem Schreiben an den 
  Völkerbund bezeichnete er das Land Israel als „unser Land“. Als die UNO 
  das Land in einen jüdischen und einen arabischen Staat teilen wollte, 
  verlangte der Vatikan für Jerusalem den internationalisierten Status eines 
  corpus separatum. Hatte Paul VI. bei seinem wenige Stunden dauernden 
  Besuch in Israel es noch vermieden, den Namen des Staates 
  auszusprechen, den die Kirche lange für sich beansprucht hatte, so erklärte 
  Johannes Paul II. 1984 in „Redemptoris anno“ den Staat Israel zur Heimat 
  des jüdischen Volkes, in der die Zeugnisse der Geschichte des jüdischen 
  Volkes aufbewahrt würden. Der Staat Israel, so der polnische Papst, habe 
  Anspruch auf Sicherheit und Unversehrtheit.
  Land und Staat Israel sind für viele Christen Projektionsflächen ihrer 
  Hoffnungen, Erwartungen, Ansprüche und Widersprüche. „Israel“ steht für 
  mehr als für ein Land auf der Landkarte. Friedrich-Wilhelm Marquardt hat 
  das in seinem Buch „Die Juden und ihr Land“ so tiefsinnig erkannt wie kein 
  anderer. Die christliche Theologie, so Prof. Kampling abschließend, braucht 
  die Erinnerung an diese ihre Geschichte und die kritische Selbstreflexion 
  darüber. Sie muss sich aus der babylonischen Gefangenschaft ihres 
  Antijudaismus befreien. In der Diskussion antwortete der Referent auf die 
  Frage, wie denn nun eine positive Version einer christlichen Theologie des 
  Landes Israel aussehen könne, Christen sollten Israel einfach einmal in 
  Ruhe lassen.
  Weitere Programmpunkte der Kooperationstagung von KLAK und Aktion 
  Sühnezeichen Friedensdienste (ASF)
  Am 24.1. absolvierten KLAK und ASF ein ausgesprochen dichtes 
  Kooperationsprogramm. Neben den beiden oben zusammengefassten 
  Vorträgen von Dr. Haußig und Prof. Kampling gab es vier weitere 
  Arbeitseinheiten zu den Themen
  - 50 Jahre Sühnezeichen in Israel – Projekte, Positionen, Partnerschafte
  - Das „Kairos-Palästina-Dokument“ in der Diskussion (mit EKD-
  Oberkirchenrat Jens Nieper)
  - Aktuelle politische und theologische Stellungnahmen zu Israel
  - Leben & Arbeiten im Lande Israel – biografische und theologische 
  Wirkungen (mit drei KLAK-Delegierten, die ASF-Freiwillige in Israel bzw. 
  Studierende an der Hebräischen Universität Jerusalem waren)
  Aus diesen vier Punkten fasse ich im Folgenden nur noch die Ausführungen 
  des Geschäftsführers der ASF, Pfarrer Dr. Christian Staffa, zum Thema „50 
  Jahre Sühnezeichen in Israel – Projekte, Positionen, Partnerschaften“ 
  zusammen.
  Die fünfzigjährige Geschichte von ASF in Israel ist wirklich aufregend, sie 
  verlangt eine intensive Auseinandersetzung. Israel gehörte zu den in der 
  Gründungserklärung der ASF 1958 ausdrücklich genannten Ländern, die als 
  erste um Versöhnung gebeten wurden. Der Leiter von ASF in Israel Otto 
  Schenk fragte einmal Martin Buber, was Deutsche tun sollten. Buber 
  antwortete zu Schenks Überraschung, Aussöhnung sei eine rein deutsche 
  Problematik. „Es geht um eine Aussöhnung mit euch selbst!“
  In Israel waren die Menschen vor allem darüber perplex, dass die deutschen 
  Freiwilligen nicht wussten, was ihre Eltern im Krieg gemacht hatten – über 
  Deutschland lag Stillstand und Schweigen. Ende der 60er Jahre erfolgte 
  durch die Zulassung von Kriegsdienstdienstverweigerern eine Politisierung 
  von ASF. Freiwillige begannen die israelische Politik zu kritisieren. Die 
  Leitung von ASF vertrat eine andere Linie und verhinderte z. B. bei der 
  großen Friedensdemonstration 1981 in Hamburg den Auftritt eines 
  palästinensischen Redners. ASF sieht einen engen Zusammenhang zwischen 
  Versöhnung und Frieden. In Israel sieht man das anders und fragt, ob der 
  Namenszusatz „Friedensdienste“, der im neuen Logo größer gedruckt ist als 
  das Wort „Sühnezeichen“, das Ende der für die Gründung von ASF 
  ausschlaggebenden Motivation bedeute. Der Theologe Friedrich-Wilhelm 
  Marquardt sah in ASF die Realisierung des „Tuns und Hörens“, eines 
  jüdischen Grundsatzes der Toraauslegung aus 2. Mose 24.
  Die Israelfrage ist in Deutschland hoch projektiv angelegt, so Christian 
  Staffa. Israel ist die Projektionsfläche für eigene emotionale Befindlichkeiten 
  und den eigenen Stand bei der Aufarbeitung der deutschen Vergangenheit. 
  Es geht tatsächlich um die Aussöhnung von uns Deutschen mit uns selbst. 
  Darum legt ASF einen Schwerpunkt auf die biografisch und 
  familienbiografisch orientierte Bildungsarbeit mit den Freiwilligen. Sie sollen 
  ihr eigenes Problem bearbeiten, nicht den Nahostkonflikt.
  Viele ehemalige Israel-Freiwillige bleiben nicht nur ASF, sondern auch Israel 
  verbunden und leiden unter der friedlosen Lage. Doch ASF kritisiert immer 
  wieder die verschiedenen simplifizierenden Bilder vom Konflikt, zu denen 
  viele neigen. Der Dialog zwischen ASF und der Ökumenischen Bewegung ist 
  schwierig. Auf den Kirchentagen versucht ASF die Nahostdebatten mit der 
  Frage zu durchbrechen: Überlegt doch mal, warum wir diesen Konflikt so 
  interessant finden! Ganz klar kritisiert ASF antiisraelische Rechtfertigungen 
  wie „Als Christ stehe ich auf der Seite der Opfer“ – die Opfersolidarität hat 
  mit Palästina gar nichts zu tun, sondern nur mit mir selbst, sagt Christian 
  Staffa. Auf den Kirchentagen zeige sich, dass das christliche Publikum 
  flächendeckend affektgeladen gegen Israel ist. Die Minderheit von 
  Philosemiten sei freilich genauso in sich verkrümmt.
  Der Nahostkonflikt steht bei ASF nicht im Zentrum der Israelarbeit. 
  Innerhalb der deutschen „Friedensbewegung“ ist ASF bezüglich Israels ein 
  einsamer Rufer geworden – alle anderen „wissen“, dass Israel „böse ist“. 
  ASF hat es nach dem Zwischenfall mit der Gazaflottille (31.5.2010) nicht 
  geschafft, in der Friedensbewegung eine Debatte über Gewaltfreiheit und 
  über die Fehlentscheidungen bei der Vorbereitung dieser Aktion anzustoßen.
  Mein Fazit: Aktion Sühnezeichen Friedensdienste gehört zu den wichtigsten 
  Einrichtungen der Evangelischen Kirche.
  Michael Volkmann in Ölbaum Nr. 51